Biografie zu Gae Aulenti
Gaetana ‚Gae‘ Aulenti ist eine der bedeutendsten Architektinnen und Designerinnen im 20. Jahrhundert. Internationale Bekanntheit erlangt Aulenti unter anderem mit der Gestaltung des Museums für moderne Kunst Centre Georges Pompidou in Paris in Frankreich, die Geschäftsräume von Christian Dior, den venezianischen Palazzo Grassi und dem Umbau des Palacio Nacional de Montjuic in Barcelona, Spanien, zum Museum Nacional d’Art de Catalunya. Fast nebenbei entwirft das Multitalent Aulenti Leuchten und Möbel – heute echte Design Klassiker. Trotz ihrer Gestaltungsvielfalt und ihres Schaffensdrangs ist Aulenti der breiten Masse eher unbekannt. TAGWERC bringt die begnadete, aber den meisten Menschen unbekannte Gae Aulenti zurück auf die Designbühne des 21. Jahrhunderts und schenkt der Italienerin und ihren Entwürfen wie Pipistrello und Ruspa von Martinelli Luce oder Minibox und Trepiù von Stilnovo die ihnen gebührende Aufmerksamkeit.
Gae Aulenti, Anfänge und Ausbildung
Gaetana, Rufname Gae, Aulenti wird am 4. Dezember 1927 in Palazzolo dello Stella, einer von 134 Gemeinden in der Provinz Udine, im Nordosten Italiens und Nahe der Adria, geboren. Sie ist 13 Jahre alt, als Italien am 10. Juni 1940 – zunächst an der Seite Deutschlands – in den Zweiten Weltkrieg eintritt. Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt Aulenti am Mailänder Polytechnikum ein Studium der Architektur, das sie 1954 mit Promotion abschließt. Gae Aulenti nimmt sich das, was den meisten Frauen ihrer Zeit verwehrt bleibt: eine akademische Ausbildung. Wohl wissend, dass sie diese in einem Männerberuf wie dem des Architekten in den 1950er und 1960er Jahren brauchen wird, um bestehen zu können. 2012 sagt Aulenti der Zeitung ‚Corriere della Sera‘: „Architektur ist ein Männerberuf, aber ich habe das nie beachtet.“
Gae Aulenti, die Grafikerin
So stürzt sich die burschikos wirkende Aulenti in die – vor allem im katholisch geprägten Italien – männerdominierte Arbeitswelt. 1955 bis 1965 ist Gae Aulenti verantwortlich für das Layout und den Umbruch bei der Zeitschrift „Casabella“, heute würde man ihre Aufgabe beim Casabella Magazin vermutlich als Art Direktorin – künstlerische Leiterin bezeichnen. Casabella, eine italienische Fachzeitschrift zum Thema Architektur und ambitioniertem Produktdesign, wird zu Zeiten Aulentis von dem Architekten Ernesto Nathan Rogers herausgegeben. 1965 wird die Publikation zunächst eingestellt und besteht dann von 1970 bis heute fort.
Gae Aulenti, die Professorin
Parallel zu ihrer Arbeit bei Casabella lehrt Aulenti von 1960 bis 1962 bei Giuseppe Samonà (1898-1983), von 1945 bis 1972 Direktor des Universitätsinstituts für Architektur von Venedig. Gae Aulenti ist Mitglied der ‚Neo-Liberty‘ Bewegung, der italienischen Antwort in Anlehnung an die ‚Art Nouveau’ Epoche. Der Neo-Liberty Stil, hauptsächlich in Architekturentwürfen und Bauwerken präsent, findet sich auch in mehreren Designentwürfen Aulentis wieder. Im Jahre 1964 kehrte die Architektin mit dem Kurzhaarschnitt zurück an das Polytechnikum – diesmal allerdings nicht als Studentin. Bis 1969 lehrte sie hier als Dozentin und Professorin.
Gae Aulenti, die Designerin
Gleichzeitig arbeitete Aulenti als selbstständige Architektin und Designerin. Im Jahre 1965 entsteht die legendäre Leuchte Pipistrello, die von Martinelli Luce in Lizenz hergestellt wird und bei TAGWERC erhältlich ist. Dasselbe gilt für die Leuchtenserie Ruspa von 1968. Es folgen die Leuchtenserien Trepiù (1972) und Minibox (1981). Sowohl Trepiù als auch Minibox entstehen in Zusammenarbeit mit dem Architekten und Designer Piero Castiglioni, Sohn von Livio Castiglioni und Neffe von Archille Castiglioni. Beide Leuchtenserien werden seit ihrer Entstehung von Stilnovo hergestellt und sind bei TAGWERC erhältlich. Aulentis Designentwürfe sind Bestandteil der Sammlungen der wichtigsten Design Museen wie der des Museum of Modern Art (MoMA) in New York.
Gae Aulenti, die Innenarchitektin
Gae Aulentis ist nicht nur als Designerin, sondern ebenfalls als Architektin erfolgreich. Neben Wohnhäusern, plant Aulenti Schulen und entwirft sogar Gartenanlagen. Internationale Beachtung und Anerkennung erhält Aulenti, als sie von 1980 bis 1986 den Pariser Bahnhof Gare d’Orsay in das Musée d’Orsay verwandelt. Gleichzeitig wird das Innere des Centre Pompidou, ebenfalls in Paris, von 1982 bis 1985 von ihr neu konzipiert und umgestaltet. 1988 folgt der Umbau des Katalanischen Museums in Barcelona. Dabei macht sich Aulenti als Spezialistin für die Modernisierung von historischen Gebäuden einen Namen. Bekannt ist Aulenti ebenso als Gestalterin von Showrooms und Geschäftsräumen. Als solche ist sie für Firmen wie Christian Dior, Olivetti und Knoll tätig. Für den Theaterregisseur Luca Ronconi gestaltet Gae Aulenti Bühnenbilder und Szenenbilder, unter anderem für die Mailänder Scala
Gae Aulenti, die Pionierin
Zeitlebens behauptet sich Gae Aulenti in der von Männern dominierten Welt der Architektur und des Designs. Neben ihrem besonderen Gespür für historische Gebäude, die sie mit viel Einfühlungsvermögen und Ideenreichtum modernisiert, sind es vor allem ihre Designentwürfe, die die Gestaltungssprache Aulentis auf kleine Designobjekte reduzieren und für Designliebhaber und Designkenner in den eigenen vier Wänden erlebbar machen. Am 31. Oktober 2012 schließt Gae Aulenti in ihrer Lieblingsstadt Mailand für immer ihre Augen und hinterlässt uns ihr einzigartiges Erbe. Wehrhaft und durchsetzungsstark war Aulenti nicht nur in beruflichen Hinsicht. Tochter Giovanna sagt der Zeitung ‚La Repubblica‘ nach dem Tode Aulentis: „Meine Mutter war seit langer Zeit krank, doch sie hat sich – so gut es ging – dagegen gewehrt.“
Designs
- 1962
Sessel ‚Sgarsul‘ für Poltrona Frau - 1965
Leuchte Pipistrello für Martinelli Luce - 1968
Leuchte Ruspa für Martinelli Luce - 1975
Sitzgruppe ‚Aulenti Collection‘ für Knoll - 1979
Sessel ‚4794‘ für Kartell - 1983
Tisch ‚Cardine’ für Zanotta - 1984
Tisch ‚San Marco‘ für Zanotta - 1984
Couchtisch ‚San Marco‘ für Zanotta - 1991
Rattansessel ‚TLINKIT‘ für Tecno
Ausstellungen
- 1963
Aspekte der zeitgenössischen Kunst, L’Aquila, Italien - 1967
Gae Aulenti, Kaufhaus Gimbels, New York - 1968
Italienisches Design, Hallmark Gallery, New York - 1972
Die neue häusliche Landschaft, Museum of Modern Art, New York - 1979
Gae Aulenti, Pavillon für zeitgenössische Kunst, Mailand - 1985
Wahlverwandtschaften, Triennale Mailand - 1985
10 Vorschläge für Mailand, Triennale von Mailand
Auszeichnungen
- 1980
Ubi-Preis für Bühnenbild, Mailand - 1983
Architekturmedaille, Akademie für Architektur, Paris - 1984
Josef Hoffmann Preis, Hochschule für Angewandte Kunst, Wien - 1987
Chevalier de la Legion d’ Honneur (Ritter der Ehrenlegion), Frankreich - 1987
Commandeur, Order des Artes et Letters, Frankreich - 1988
Ehrendekan für Architektur, Merchandise Mart of Chicago - 1988
Nationaler Akademiker, Akademie von San Luca, Rom - 1995
Ritter des Großkreuzes des Verdienstordens der Italienischen Republik